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Baltscheit, Martin und Marion Goedelt:
Keine Kuscheltiere für Johanna
Berlin: Tulipan 2008
48 Seiten
€ 7,95
Illustriertes Kinderbuch ab 7 Jahren

Baltscheit, Martin und Marion Goedelt: Keine Kuscheltiere für Johanna

Geburtstagssorgen

von Anja Johanning (2009)

Was macht man nur, wenn das Kinderzimmer schon jetzt unter akutem Platzmangel leidet und der siebte Geburtstag, der doch viele neue Geschenke verspricht, immer näher rückt? Natürlich Platz schaffen! Bloß wie?

Eines wird Johanna schnell bewusst: Freiwillig will hier kein Kuscheltier gehen, auch nicht mit Ausblick auf ein neues Leben in Berlin bei ihrer kleinen Cousine Cornelia. Mit dieser hatten die Teddybären bereits ausreichend Bekanntschaft gemacht, als Cornelia sie im Klo versenkte. Auch der Vorschlag für ein neues Leben in einer gemütlichen Kiste im Keller findet bei den Barbiepuppen, die ein Ferienhaus mit Pferdestall und Flachbildschirm gewohnt sind, einfach keinen rechten Anklang. Da weckt ihr dritter Vorschlag schon wesentlich mehr Interesse: Auswandern nach Afrika! Als Johanna dann noch erklärt, dass viele Kinder dort kein einziges Spielzeug haben, und der Papierschlange klar wird, dass in Afrika jeder zu einem Lieblingsspielzeug oder -kuscheltier werden könnte, ist der Entschluss schnell gefasst: „Hurra, hurra, nach Afrika!“ Schneller, als es Johanna lieb ist, stehen plötzlich alle Kuscheltiere reisefertig und voller Vorfreude auf ein neues, fernes und unbekanntes Land zum Aufbruch bereit. Aber das Reisefieber bei allen Kinderzimmerbewohnern zu wecken, das hat Johanna dann doch nicht gewollt. Gerade noch rechtzeitig fällt ihr ein, dass man sich in Afrika natürlich vor dem Spielzeugmonster in Acht nehmen muss, das pro Tag an die zehn, zwölf Stofftiere verspeist, jedenfalls wenn es nicht gerade Geburtstag hat, denn dann können es leicht bis an die hundert werden.

Johannas Plan geht auf, denn keiner der Reisefreudigen will mehr fort. Was aber soll nun mit den erwarteten Geschenken werden? Die Rettung scheint zu nahen, und zwar mit einer einzigen Karte, die Johanna am Geburtstagsmorgen entdeckt: Ein Gutschein ihrer Eltern für einen Kirmesbesuch! Erleichterung. Die Freude ist groß, und alle Tiere fallen sich in die Arme. Ende gut, alles gut! … Wäre da nicht das Bild, auf dem Johanna grinsend in einen Eimer voller Lose greift, und jenes auf der nächsten und zugleich letzen Seite, auf dem sie sich mit einem ganz besonderen Gewinn unter dem Arm davonmacht …

Mit dem Erstlesebuch „Keine Kuscheltiere für Johanna“ gelingt es Martin Baltscheit, eine kurze, pfiffige und pointierte Geschichte zu erzählen, die eine Nähe zur Gefühlswelt kleiner Leser aufzubauen vermag. Durch die detailliert beschriebenen Reaktionen der personifizierten Spielzeuge auf Johannas Umzugsvorschläge wird die Phantasie der Leser angesprochen. Dabei wird das allseits bekannte Thema ‚Aufräumen’ einmal aus einem völlig anderen Blickwinkel dargestellt. Hier gibt es kein Elternteil, das mit vorwurfsvollem Blick und einem mahnend erhobenen Zeigefinger zum Aufräumen verweist. Stattdessen werden die kleinen Sorgen und Nöte der Kinder ernst genommen, denn Johanna fällt eine Entscheidung aufgrund der Angst um die Zukunft ihrer Spielsachen einfach zu schwer. Martin Baltscheit bedient sich in seinem Kinderbuch eines einfach gestalteten Satzbaus und einer schlichten, klaren Sprache. Auktoriales Erzählen und viel direkte Rede bieten besonders Erstlesern die Möglichkeit, sich leicht in die Handlung hineinzuversetzen. Durch viel Witz und Humor, der in Johannas ernster Rede an ihre Kuscheltiere aufscheint oder in dem Hinweis, dass die meisten Tiere vor der Abreise sogar schon zur Toilette waren, verschafft Baltscheit dem Leser mit diesem Buch eine außergewöhnliche Leseerfahrung.

Anstatt des üblichen Blocksatzes und einer kleinen Schriftgröße bieten große Lesebuchstaben und Flattersatz dem Leseanfänger eine wichtige Unterstützung zur Texterfassung. Das Text-Bild-Verhältnis ist von einer illustrativen Dominanz gekennzeichnet, die fast durchgängig in doppelseitigen Bildkompositionen ihren Ausdruck findet. Dabei entsteht in Verbindung mit einem kurzen Text eine immer neue Zusammenordnung des Layouts. Marion Goedelt stellt durch viele ideenreiche und liebevoll gestaltete Bilder einen Zusammenhang zwischen der Realität des Kindes und der Realitätsebene der Kuscheltiere her, wodurch immerzu neue Phantasieräume erschlossen werden können. Aufgrund der starken Farbigkeit und der einzeln gestellten Illustrationen, die keines Hintergrundes bedürfen, gewinnen Goedelts Bilder zusätzlich an Intensität. Sie haben nicht nur eine rein illustrierende Funktion, sondern dienen auch als Kommentar oder fügen Details zum Text hinzu, wie zum Beispiel die beiden mit Taucherbrille und Schnorchel ausgerüsteten Eisbären, die sich angstvoll in den Armen halten, während Johannas Cousine, die mit kleinen, am Kopf herausragenden Teufelshörnern dargestellt ist, im Hintergrund lachend den ersten Teddybären in das Klo hinunterspült. Gekonnt fügt die Illustratorin Schriftelemente spielerisch in ihre Bilder mit ein. So entsteht aus einem Schnurrbarthaar eines Stofftierkaters beispielsweise auf der gegenüberliegenden Seite der Schriftzug ‚Afrika’. Durch viel Liebe zum Detail gelingt es Marion Goedelt, ihren Bildern vielerlei lustige und humorvolle Aspekte zu verleihen, die die Geschichte schwungvoll in Szene setzen, zum Beispiel indem endlos lange Barbiepuppenbeine in Stöckelschuhen panisch auf einer Memorypackung herumtrampeln.

Das von Anette Beckmann gestaltete Buch „Keine Kuscheltiere für Johanna“ ist in der neuen dreistufigen ABC-Reihe des Tulipan-Verlages erschienen, welche Leseanfängern ab sechs, sieben oder acht Jahren in jeder Sparte zweimal jährlich liebevoll gestalteten, typographisch klaren Lesegenuss verspricht. Durch einen festen Deckel ist jedes Buch besonders kinderfreundlich ausgestattet, es wird dennoch zu einem attraktiven Preis angeboten. Die Verpflichtung so bekannter Autoren wie Heinz Janisch oder Bruno Blume als auch beliebter Illustratorinnen wie Jacky Gleich, Manuela Olten, oder Katja Wehner hat dieser originellen und in jeder Hinsicht qualitativ hochwertigen Reihe des noch sehr jungen Tulipan-Verlages von Anfang an und völlig zu Recht beachtliche Aufmerksamkeit beschert. Wir freuen uns auf weitere dieser schönen Lesefrüchte für Erstleser.

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