Der beschwerliche Weg nach Mittelerde
von Vanessa Hartl, Julia Kätzschmann-Schneider, Marie Kuhlmann und Isabell Oho-Almaraz (2020)
Wer kennt nicht die Abenteuer von Bilbo Beutlin oder die überwältigende Landschaft von Mittelerde? Doch wer ist der Mann, der hinter den weltberühmten Büchern steht? Der Film Tolkien versucht das Leben und den Werdegang des Autors, von seiner Kindheit bis zu den Anfängen seines ersten Romans, abzubilden. Den Ursprung seiner Faszination für magische Welten und Sagen stellt das abendliche Geschichtenerzählen der Mutter dar. Die Bilder, die sie zu evozieren vermag, ziehen sich als Leitmotiv durch den ganzen Film. Die Zuschauenden werden hierdurch von der Begeisterung Tolkiens für das Übernatürliche mitgerissen und finden sich maßgeblich auch in den Kriegsszenen wieder.
Der Film ist stark geprägt von Kontrasten und Zeitsprüngen, die bereits zu Beginn des Films sichtbar werden. Idyllische Wald- und Wiesenlandschaften mit Vogelgesängen und strahlender Herbstsonne der Kindheit wechseln sich ab mit düsteren Kriegs- und Großstadtszenen sowie Gräben voller Blut und Leichen. Das Leid und Elend, welches ihm im Krieg wiederfährt, vermischen sich mit den Vorstellungswelten seiner Kindheit, wodurch die Zuschauenden Realität und Fiktion nicht mehr unterscheiden können. Handelt es sich um lebendig gewordene Fantasiewesen oder sind es nur Fieberträume, vermischen sich hier Mittelerde und die Geschehnisse des 1. Weltkrieges?
Weitere zentrale Motive, die im Film behandelt werden, sind Kameradschaft und Liebe. Der zunächst eher ärmliche Waise Tolkien muss sich schon zu Beginn auf der elitären Schule vor seinen Professoren und Mitschülern behaupten. Doch aus anfänglicher Abneigung entwickelt sich eine tiefe Freundschaft zwischen vier Jugendlichen, die sich regelmäßig zu Debattierstunden im Teehaus treffen. Sie werden gemeinsam erwachsen und durchleben Höhen und Tiefen. Ihre Wege trennen sich erst, als alle in den Krieg ziehen. Während das Motiv der Kameradschaft sehr authentisch vermittelt wird und die Zuschauenden berührt, wirkt die Liebesgeschichte zwischen Tolkien und seiner Liebe aus Kindertagen im Kontrast dazu sehr vorhersehbar und bedient viele Klischees von Liebe und Drama.
Viele Handlungsstränge bleiben für den Zuschauenden ungeklärt und werfen Fragen auf. Sie müssen sich der zu starken Fokussierung der Liebesgeschichte unterordnen, was den Zuschauenden teils unbefriedigt zurück lässt. Darüber hinaus ist es notwendig, die groben Handlungsstränge der Bücher und/oder der Filme Der Hobbit und die Herr der Ringe – Trilogie zu kennen.
Wer sich für die Entstehungsgeschichte der Bücher Tolkiens oder sein Leben interessiert, für den ist der Film sicherlich lohnens- und sehenswert. Für alle anderen ist der Film nicht mehr als eine nette Unterhaltung.
Zu guter Letzt muss man muss sich jedoch vor Augen halten, dass es sich um ein Biopic handelt, also einen fiktionalen Spielfilm über eine Person, welche tatsächlich gelebt hat. Es ist also nicht davon auszugehen, dass sich alle Gegebenheiten genau so zugetragen haben, manche jedoch der Wahrheit nahekommen.