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Katharina von der Gathen

Katharina von der Gathen

Die Sonderschullehrerin und Sexualpädagogin Katharina von der Gathen führt in Grundschulklassen Projekte zur Sexualerziehung durch. Am 24.Juli.2014 erschien ihr Aufklärungsblock „Klär mich auf! 101 echte Kinderfragen rund um ein spannendes Thema“ im Klett Kinderbuchverlag. Die sympathische Bonnerin stellte sich in Köln unseren zehn Fragen.

1. Am 24. Juli erscheint Ihr Block „Klär mich auf!“ im Klett Kinderbuchverlag. Die Nachfrage ist so groß, dass der ursprünglich für September vorgesehene Erscheinungstermin vom Verlag sogar vorverlegt worden ist. Wie geht es Ihnen?

Sehr gut geht es mir damit! Vor allem ist es superspannend, weil ich gar nicht damit gerechnet habe, dass es so einschlägt. Der Block ist ja aus meinen Schulprojekten erwachsen, die ich mit Grundschülern mache. Irgendwann habe ich gedacht, dass es nicht nur für meine Schüler, mit denen ich zu diesen Thematiken arbeite, interessant ist, sondern eigentlich für alle Kinder, die in dieser Altersstufe sind.

2. Im Vorwort erfahren wir ein bisschen über den Entstehungsprozess: Im Rahmen Ihrer sexualpädagogischen Arbeit konnten Kinder Fragezettel in einen anonymen Briefkasten werfen - Sie haben dann Antworten geliefert. Wie können wir uns das genau vorstellen?

Ich arbeite mit Schülerinnen und Schülern der dritten und vierten Grundschulklassen, um mit den Kindern ein Projekt über Körper, Liebe, Sexualität, Pubertät, Schwangerschaft und Geburt, all die Themen, die da anstehen, durchzuführen. Es sind ungefähr fünf Doppelstunden, in denen ich zu den Kindern komme.

Die Kinder können mich anonym fragen, was sie wollen, jede Frage wird beantwortet. Es ist mir wichtig, dass die Kinder spüren, dass ich sie ernst nehme. Oft merke ich, dass sie manche Fragen schon ganz lange mit sich herumtragen. Als wichtige Botschaft steht bei mir im Mittelpunkt, dass die Kinder mich alles fragen können – und ich versuche, eben wirklich alles zu beantworten.

Wenn ich einmal in einer Klasse bin und den Briefkasten aufstelle, kommen da ganz viele Fragen zusammen – und es sind ja viele Klassen, mit denen ich gearbeitet habe. Die 101 Fragen, die es in den Block ‚geschafft‘ haben, sind noch lange nicht alle. Ich habe mindestens 200 Fragen, wenn nicht noch mehr. Wir mussten wirklich streng aussortieren, welche Fragen wir jetzt für diesen Block auswählen und welche nicht.

3. Sind Ihnen einige Situationen besonders in Erinnerung geblieben?

Es ist jedes Mal wieder aufs Neue spannend, den Briefkasten zu öffnen und zu schauen, welche Fragen drin sind: Manchmal sind es fünf, manchmal sind es aber auch dreißig Zettel. Ich nehme diese Fragen dann mit und zwinge mich, noch nicht sofort reinzuschauen, sondern mich ihnen ganz in Ruhe an meinem Schreibtisch zu widmen – und es kommen dann auch immer wieder neue Fragen. Es erstaunt mich auch, dass die Fragen oftmals noch ganz neue Aspekte zu den Inhalten aufwerfen.

4. In den Fragen wird ja eine sehr große Bandbreite abgedeckt. Gibt es schwierige und einfache Fragen?

Am leichtesten sind für mich Fragen zu beantworten, in denen es um Fakten geht: „Wie groß ist die Gebärmutter?“ etwa, oder „Wie lang kann ein Penis werden?“ Da gibt es Zahlen und Fakten, und wenn man das gut beschreibt, kann man das auch gut nachvollziehen. Schwieriger wird es da schon bei den Fragen, bei denen Gefühle angesprochen werden: „Wie fühlt sich das eigentlich an, wenn man verliebt ist?“ oder „Wie fühlt sich Sex an?“ Das erlebt ja jeder Mensch unterschiedlich – und zu versuchen, Kindern in den Antworten Zugang zu diesen Gefühlen zu geben, das ist oft eine große Herausforderung.

5. Gerade bei Antworten auf diese Fragen betonen Sie oft: „Das kann jeder selber entscheiden“. Wie wichtig sind Ihnen solche Hinweise?

Ich habe ja eine bestimmte Haltung, und ich denke, das kommt auch rüber. Für mich ist es aber auch ganz wichtig, das nicht als ‚Wahrheit‘ zu postulieren. Es gibt ja ganz viele verschiedene Ansätze, wie man mit diesen Fragen umgehen kann, und ich habe nicht die eine, allgemeingültige Antwort darauf. Ich möchte den Kindern immer mitgeben, dass jeder für sich seine eigenen Antworten finden muss. Ich kann Fakten liefern, und ich kann den Kindern viel darüber erzählen, wie es unterschiedliche Menschen sehen.

6. Sie haben selbst vier Kinder. Ziehen Sie die auch schon mal zu Rate? Und wie finden die den Block?

Auf jeden Fall! Ich frage meine Kinder immer. Meine Kinder sind, glaube ich, eigentlich ganz stolz auf ihre Mama, sie finden den Block ganz gut und irgendwie finden sie auch cool, dass man den jetzt im Buchladen kaufen kann. Meine beiden älteren Töchter finden es mit ihren dreizehn und vierzehn Jahren aber auch nicht mehr ganz so toll, weil das Thema sie inzwischen auch peinlich berührt. Und wenn die eigene Mutter über Sexualität spricht, das geht gar nicht. Ich glaube, für sie ist das so eine Gratwanderung – sie sind einerseits stolz, und andererseits finden sie es ganz fürchterlich.

7. Wie hat der Verlag Sie gefunden und wie ist es dann zu der Veröffentlichung gekommen?

Eigentlich habe ich den Verlag gefunden. Irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich dachte, das müsste man doch mal veröffentlichen. Das sind ja Fragen, die interessieren wirklich alle Kinder und nicht nur die Schüler, mit denen ich arbeite.
In meiner eigenen Kartei, habe ich die Fragen und Antworten selber illustriert, und ich habe auch versucht, die Illustrationen irgendwie witzig zu gestalten – aber ich kann das natürlich nicht richtig. Mir war schon klar, dass für eine Veröffentlichung die Illustrationen jemand machen sollte, der das eben auch richtig gut kann.
Meine Wunschvorstellung ist immer gewesen, dass Anke Kuhl die Fragen illustriert. Und eines Tages habe ich mich einfach an den Computer gesetzt und Anke Kuhl eine Mail geschrieben, habe ihr von meinen Projekten erzählt, ihr ein paar meiner Fragen und Karteikarten geschickt und sie gefragt, ob sie sich vorstellen kann, das zu bebildern. So ist der Kontakt entstanden und innerhalb von kürzester Zeit war klar: Das wird ein Buchprojekt. Das ist jetzt ein gutes Jahr her, wir sind da richtig reingepurzelt.

8. Wie ging es dann weiter?

Wir haben uns erst einmal zu dritt zusammengesetzt: Anke Kuhl, Monika Osberghaus vom Klett Kinderbuchverlag und ich. Die Frage war: Was machen wir aus diesem Karteikasten? Macht man da ein großes Buch draus? Oder konstruiert man noch eine Geschichte drum herum? Wie verpackt man diese tollen Fragen der Kinder, die ja so offenherzig gestellt sind? Wir haben dann gleich gemerkt, dass wir alle das gleiche wollen: nämlich, es genauso pur zu lassen, wie es eigentlich ist – eben so, wie ich auch mit den Kindern arbeite.

9. Die Illustrationen von Anke Kuhl fügen dem Block eine weitere, sehr humorvolle Ebene hinzu. Für wie wichtig halten Sie das?

Anke Kuhl hat ja immer dieses Augenzwinkern in ihren Illustrationen, und das finde ich gerade bei dieser Thematik besonders wichtig: dass man mit viel, viel Humor an die Sache herangeht und auch erstmal befreit lachen kann, bevor man sich an die Fakten begibt.
Manche Fragen sind auch erst durch die Bilder zu meinen Lieblingsfragen geworden. Ich finde zum Beispiel das Bild super: „Geiler Hut, Oma“ zu der Frage „Was bedeutet geil?“. Das ist so nett und so lustig, da müssen auch alle Kinder lachen, denen ich das Bild zeige.

10. Gehen die Projekte weiter?

Ja, ich mache immer weiter und ich sammle dabei fleißig Fragen. Mal sehen, was da noch draus wird!